Projekt

Die im September 2006 zurückgelegten Kilometer entlang der Neiße haben unglaubliche Erinnerungen bei mir hinterlassen : von den Apfelbaumalleen in Krzewina bis zu den Windradfeldern von Piensk, von dem Braunkohlebergbauort Berzdorf, der heute ein Museum ist, zum Kloster St. Marienthal, von Grenzposten, die nach 22 Uhr verlassen sind, zu den nachts patrouillierenden Helikoptern ; die Oder-Neiße-Region – wenn man sie überhaupt als Einheit präsentieren kann – lädt zum Nachdenken ein. Aus diesen ersten Eindrücken entstand die Idee dieses Veloblog :

EINE GRENZE DURCHS RADFAHREN ÖFFNEN

Mit dem Beitritt Polens zum Schengener Abkommen wird sich die Oder-Neiße-Grenze, mit ihrer historisch schwer belasteten Geschichte, bald grundlegend ändern. Die Grenzkontrollen werden zwar verringert, aber wie lange wird die Grenze in den Köpfen der Menschen noch von Bedeutung sein?

„600 Kilometer mit dem Rad entlang der Grenze fahren“ zwischen Zittau und Ahlbeck; „die Einwohner kennen lernen“ und ihre Berichte über die Region hören; auf deutsch, französisch und polnisch „bloggen“, um diese Geschichten von der Oder-Neiße Grenze zu erzählen und bekannt zu machen; „soziale Verbindungen aufbauen“ bei von beiden Seiten der Grenze besuchten Veranstaltungen und hierbei die Menschen „in Gespräche verwickeln“ über die Stimmung in ihrer Region. Das ist das Unterfangen dieses Sommers, im Verlauf von sechs Wochen zu einer Öffnung der Oder-Neiße-Grenze beizutragen.

Eine Region und deren Einwohner entdecken

Der Sommer 2007 ist der letzte Sommer in dem die Oder-Neiße-Grenze, als herkömmlich kontrollierte Grenze, besteht. Nach seinem EU-Beitritt im Jahr 2004 soll Polen Ende 2007 in den sogenannten Schengener Raum eintreten. Diese Übergangssituation zwischen Vergangenheit und Zukünftigem ist dokumentierenswert.

Vor diesem Hintergrund habe ich vor, mit dem Fahrrad zunächst entlang der Neiße und anschließend der Oder zu fahren, um sowohl die Region als auch ihre Bewohner kennen zu lernen. Ich werde mir die Region von ihren Bewohnern erklären lassen und die Erzählungen weitergeben. Ich habe vor, dabei so oft wie möglich bei Einheimischen zu übernachten, um die Sicht des Gastgebers auf die Grenze kennenzulernen und ihn über seine Sicht auf « die von der anderen Seite » auszufragen – früher, heute und in Zukunft. « Freiwillige Gastgeber » können sich selbstverständlich gerne per e-mail bei mir melden.

Diese Begegnungen mitteilen

Für den Austausch über die Erfahrungen und Begegnungen sowie für die Veranschaulichung der Reise werde ich mit Hilfe deutscher und polnischer Mitwirkender einen dreisprachigen Internet-Blog (Deutsch, Französisch und Polnisch) verwalten. Jeden Tag werden Fotos und Texte online gestellt, dank deren ich Anekdoten und Bemerkungen über den vergangenen Tag mit allen Webbesuchern teilen kann. Diesen Blog betrachte ich als ein Mittel, das Projekt auf eine zeitnahe und außergewöhnliche Weise mitteilen und täglich eine politische, soziale und wirtschaftliche Analyse der Oder-Neiße-Grenze vor Ort entwickeln zu können. Zudem wird durch diesen Blog für die neuen Radwege entlang der deutsch-polnischen Grenze geworben, deren Bau zu großen Teilen erst Ende 2006 fertig gestellt wurde. Natürlich sind alle herzlich eingeladen, das Blog bekannt zu machen, indem sie Flyer, Banner oder Aufkleber überall herumverteilen.

Austausch schaffen

Um das Echo auf das Projekt zu stärken, sind Journalisten von beiden Seiten der Grenze herzlich eingeladen, das Abenteuer zu begleiten. Die Umsetzung von Reportagen in Zweiergruppen – und die Veröffentlichung in Deutschland und Polen – wäre ideal, um den Zusammenhalt der Region zu stärken, aber auch jede andere journalistische Initiative ist natürlich gerne willkommen (siehe dazu die Rubrik Presse).

Ebenso ist es mir wichtig, diejenigen Menschen direkt einzubeziehen, die auf welche Weise auch immer zu der durchquerten Region gehören. Dafür wird ein etwas altmodisches Mitteilungssystem zur Verfügung stehen : jede Person, die ich treffe, wird mir eine Nachricht übermitteln können, die ich an die nächste Person auf meinem Weg weitergeben werde. Auf diese Weise können die unterschiedlichsten Gedanken und Adressen ausgetauscht werden.

Ein anderes Kommunikationssystem - eher en vogue - gibt jedem die Möglichkeit das Veloblog im Internet zu kommentieren, an den Foren teilzunehmen.

Um den Menschen, denen ich während meiner Reise begegne, und auch den eifrigen Lesern und Leserinnen des Veloblog die Möglichkeit zu geben, sich kennen zu lernen, wird es in regelmäßigem Abstand drei « Begegnungstage » in den Doppelstädten Görlitz-Zgorzelec, Frankfurt/Oder-Słubice und Stettin–Szczecin geben. Einmal mehr sind die Einwohner Akteure der Begegnung : ein Team von Freiwilligen wird eine Stadtbesichtigung vorbereiten, außerdem ist für den Abend ein kulturelles Programm vorgesehen. Jeder ist eingeladen, eine kulinarische Spezialität seiner Wahl mitzubringen, um den Abend zu krönen, dessen ausführliches Programm noch auf der Website veröffentlicht wird.

Die letzte Woche ist schließlich offen für alle : nachdem mich der eine oder die andere darum gebeten haben, habe ich mich entschlossen, das Fahrrad auf den letzten Kilometern stehenzulassen und das Blog zu öffnen. Jeder kann mich begleiten und Teil der fröhlichen Karavane sein, die zur Entdeckung der Grenzregion nördlich von Stettin-Szczecin aufbricht.

Die Fortdauer eines solchen Abenteuers sichern

Der Eintritt Polens in den Schengener Raum wird eine gute Gelegenheit sein, um dem Ende des Projektes eine trinationale Prägung zu verleihen und den Gedankenaustausch über die Oder-Neiße-Grenze auszubauen.
Die Fotoausstellungen werden an französisch geprägten Orten, in Warschau und in Berlin stattfinden. Ungefähr fünfzig Fotos werden vorgestellt und mit relevanten Aussagen der Bevölkerung verknüpft. Ein Bericht über die heutige Bedeutung der Oder-Neiße Grenze wäre auch dabei willkommen.

Danach werden sechs Gemeinden, die am Projekt besonders aktiv teilgenommen haben, als Zwischenstation für eine Wanderausstellung ausgewählt. Diese Wanderausstellung wird die Grenzregion auf lokaler Ebene hervorheben. Sie wird im Sommer 2008 veranstaltet und mit der touristischen Hochsaison verbunden werden, so dass möglichst viele Touristen dieses Angebot nutzen können.

Schließlich könnte, je nach dem Erfolg des Projekts und der hervorgerufenen Begeisterung, ein Erinnerungsbuch mit allen wichtigen Momenten hergestellt werden und als praktisches Führungsbuch mit Karten und weiteren Informationen dienen, so dass mehr Menschen die Schönheit der Natur sowie diesen geschichtsträchtigen Grenzraum erleben und erkunden können!

 

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