Trotz seines hohen Alters steigt Paweł Szumało immer noch mit den anderen aufs Gerüst, um ihnen zur Hand zu gehen. Mit seinen 70 Jahren kann er so einige Geschichten über die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft in Pustków erzählen! Paweł erinnert sich an den Krieg, an die Deutschen, die auf dem Hof der Genossenschaft waren, und an die Russen, die ankamen. Neun Wochen lang standen sich die Truppen gegenüber. Dort, gleich nebenan im Wald, daran erinnert sich Paweł, der damals acht war, genau. Danach haben die Deutschen den Rückzug in Richtung Neiße angetreten. Und die Russen sind in die Genossenschaft eingedrungen. Zu dieser Zeit lebten hier mehrere Familien. “Vor allem Polen und Ukrainer, wie meine Eltern. Sie sind gekommen, um in Deutschland zu arbeiten”, sagt mir Paweł. “Wir hatten uns alle im Keller versammelt, und als die Russen eine Handgranate in den Hof werfen wollten, haben wir ihnen gesagt, dass wir keine Deutschen sind!” Was für ein Glück, dass Paweł noch da ist, um mir die Geschichte erzählen zu können. “Die Russen? Sie haben uns gefragt, ob sie noch weit von Berlin entfernt seien.” Gemeinsam machen wir in der Sonne einen Rundgang durch die Örtlichkeiten. Hier die Ställe für die Kühe, dort die der Schweine. Weiter entfernt befinden sich die Tankstelle und die Werkstatt, in der man sein Auto reparieren lassen könnte. Die Wohnungen und das Haus, in dem der Dünger verteilt wurde. Es ist schwer, sich diesen Ort belebt vorzustellen, die Personen, die hier in der “PGR” (polnisch) oder “LPG” (deutsch) arbeiteten und lebten - einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, der kollektiven Organisationsform aus Zeiten des Kommunismus. Jetzt, da alles zu Ruinen verfällt, das Unkraut den Hof überwuchert… Paweł hat 46 Jahre lang in dem Betrieb gearbeitet. Es war schwer, aber es gab auch gute Zeiten. Vor allem aber Arbeit und ein wenig Geld am Ende des Monats. In den 70ern erlebte der Betrieb seinen Höhepunkt: über 2000 Hektar, 80 Kühe usw. Unter dem neuen Regime wurde Mitte der 90er die Genossenschaft dann geschlossen und stellte den Betrieb ein. Die meisten Familien haben die Gegend verlassen, um Arbeit zu finden. Diejenigen, die geblieben sind, haben oft keine Arbeit mehr. Paweł selbst lebt immer noch im selben Haus. Seit 1948. Das Haus einer alten Dame, einer Deutschen, die “rüber” gegangen ist. Ob er zufrieden sei, dass die Deutschen den Betrieb wieder in die Hand nehmen? Tja, man müsse die Zeiten nehmen, wie sie kommen, außerdem hätten die Polen sowieso nicht genügend Geld, um den Betrieb wieder aufzunehmen. Er schlägt mir vor, seine große Schwester zu besuchen, im Nachbarort Nowe Czaple. Sie kenne die ganze Geschichte genau und werde sie mir besser erzählen können. Bevor ich fahre, erkläre ich Paweł, dass das Team von Veloblog unterwegs Begegnungstage organisiert, einen davon in Stettin am 25. August. Paweł hat dort oben Kinder. Er wird ihnen davon erzählen. Vielleicht lernen wir uns ja Ende August kennen? Das wäre prima. Vor allem, wenn die Familie wie Paweł ist. Wirklich ein netter Typ!
3 Kommentare zu "Die Landwirtschaftsgenossenschaft in Pustków: Paweł"
Phylosophe ou résigné ce Pawel?
Brzenczyszczykiewicz am 18. Februar 2012 um 10:40
lubię PGR-y świetne są bizony i ursusy
hervé am 18. Februar 2012 um 10:42
Phylosophe ou résigné ce Paweł? Hinterlasse einen Kommentar
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