Archiv für den 29. August 2007Wir passieren den Grenzposten direkt am Wasser und gehen an Bord der Fähre, die siebenmal täglich eine Verbindung zwischen Nowy Warpno und Altwarp herstellt. Der Kapitän erlaubt uns, in seine Kabine zu kommen, um dort während der Überfahrt zu plaudern. “Die Gesellschaft Adler-Schiffe existiert seit… sagen wir 1992″, überlegt Herr Friedenhagen. Und zählt die Schiffe von damals auf. “Es gab mehrere Gesellschaften hier, für die Butterfahrten. Adler-Schiffe hatte fünf Dampfer. Darunter auch eine Autofähre. War ihr hier seht, ist alles, was übrig geblieben ist!” Wir erkundigen uns ebenfalls nach Möglichkeiten, auf die Insel Usedom zu gelangen. “Hier geht es nur montags, sonst ab Ueckermünde.” Als wir von Bord gehen, raunt mir ein polnischer Angestellter noch einen Rat zu, nämlich in die Bar der Fischer zu gehen, in Altwarp… “Ihr wollt mit den Dorfbewohnern sprechen, damit sie Euch etwas über ihre Region und ihre Bräuche erzählen? Aber die Leute von hier machen nichts Besonderes. Außer den ganzen Tag zu trinken…” Lukas, der Betreiber des Campingplatzes, bedauert es, dass die Leute ihm nicht helfen, seine Projekte zu verwirklichen. “Nicht sehr offen…” Und erzählt mir selber ein bißchen von der Geschichte des Ortes. Vor dem Krieg lebten um die 5000 Menschen hier. Es gab eine Eisenbahnverbindung und vieles mehr. Die Infrastruktur ist zwar noch vorhanden, aber außer Betrieb. Und niemand scheint gewillt zu sein, sie wieder auf Vordermann zu bringen. Und dann gab es noch die deutschen Waffenfabriken, in Wollin und auf der Insel Usedom. Bis die Russen kamen und alles zerstörten… Später war es die Zeit der zollfreien Schiffe, der “Butterfahrten”: Viele Leute kamen, um eine Rundfahrt auf dem Stettiner Haff zu machen, ein oder zwei Stunden, an Bord eines Butterfahrtschiffes. “Mehrere Unternehmen machten sich Konkurrenz”, erinnert sich Lukas. “Das waren gute Zeiten, es war viel los in der Gegend, aber seitdem…” Seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union gibt es keine Butterfahrten mehr. “Viele sind weiter nach Osten gezogen, an die neuen Außengrenzen der EU”, erzählt mir Lukas. Und trotzdem, die Grenze zwischen Polen und Deutschland, EU oder nicht, ist immer noch da. “Es gibt eine Fähre zwischen Nowy Warpno und Altwarp, aber nur für Fußgänger und Radfahrer”. Lukas wünscht sich eine Autofähre, um Touristen zu transportieren und damit die Polen nicht mehr so einen großen Umweg machen müssten, um nach Rostock zu gelangen. “Die Einwohner hier warten alle darauf, aber in Warschau geht es nicht vorwärts. Und dann seien die Deutschen auf der anderen Seite auch nicht besonders begeistert…” Dasselbe Problem, um nach Usedom zu gelangen: Eine Fährverbindung pro Woche, montags. Es wird schwierig für das Veloblog, den letzten Grenzposten zu erreichen, ganz im Norden, nahe der Ostsee. Selbst auf einem Fischerboot an Bord zu gehen, scheint kompliziert zu werden. “Die kleinen Fischer zerstören lieber ihre Boote, um dafür Geld von der EU zu erhalten, anstatt für ein armseliges Einkommen weiter zu machen. Ihr werdet Schwierigkeiten haben, jemanden zu finden”, warnt mich Lukas. Was für ein Europa! Wir hoffen, dass es auf der anderen Seite besser wird. In Deutschland. Ist die auf dem Weg gefundene Nussschale ein gutes oder schlechtes Vorzeichen? |