Archiv für den 27. August 2007Wir nehmen die Unterhaltung im weniger mystischen Tonfall wieder auf. Jetzt geht es um die Aktivitäten des Campingplatzes und Freizeitzentrums, das im Winter belebter ist als im Sommer wie uns Bartek erklärt. “Vom Herbst bis zum Frühling beherbergen wir Unternehmensfortbildungen und organisieren Abendveranstaltungen, Geburtstage und Hochzeiten.” Doch im Sommer würden sich nur wenige Touristen auf den Campingplatz verirren. “Es ist schade, von Trzebież nach Nowe Warpno gibt es nur wenige Busverbindungen, weshalb sich auch nur selten Neugierige sehen lassen.” Wirklich schade, denn hier lässt es sich gut leben! Die Komparsen des Veloblog bekommen nicht nur lustige Geschichten mit einem Lächeln erzählt, sondern erhalten auch Trinken und Essen. Dafür verleihen wir dem Campingplatz einen Stern für seine Eingangstür, bevor wir uns wieder auf den Weg machen! Sobald wir auf dem Campingplatz angekommen sind, machen wir uns auf die Jagd nach kleinen Geschichten. Und welche Überraschung, uns von Bartek, dem Betreiber des Campingplatzes und Freizeitzentrums, die Gegend erzählen zu lassen! “Es gibt die Geschichte eines Schlosses, versteckt im Wald nicht weit vom Campingplatz. Aber sie ist nicht wirklich lustig”, warnt er uns mit einem Lächeln, während er uns eine Erfrischung anbietet. Es war einmal, in den zwanziger Jahren, ein Arzt, dessen Tochter sehr krank war. Als Besitzer des Schlosses versprach er, das Gelände demjenigen zu schenken, der die Krankheit besiegen könne, fügte jedoch hinzu, dass, wenn seine Tochter dahinscheiden sollte, das Schloss für immer verflucht sei. Und das ist es, was geschah, erzählt uns Bartek. “Ich lebe mit meiner Familie seit den siebziger Jahren hier und irgendwann haben wir bemerkt, dass die Besitzer des Schlosses einer nach dem anderen verstarben, an Krebs oder einer anderen Krankheit. Der letzte Besitzer starb 2000 oder 2002, nachdem er das Gelände erhöhen ließ, um das Schloss vor den Winterhochwassern zu schützen. “Es ist ein bißchen so, als hätte das Schloss den Menschen benutzt, um sich selbst zu retten”, kommentiert Bartek. Da läuft uns doch ein Schauer den Rücken hinunter, während wir im Café des Campingplatzes genüßlich unsere Getränke schlürfen. “Zu Beginn des Sommers kam ein Deutscher auf den Campingplatz, der in den späten zwanziger Jahren hier gewohnt hatte”, fährt der junge Platzbetreiber fort. “Er hat uns Photos der Gegend gezeigt, aus der Zeit, als er hier wohnte. Doch als wir ihn fragten, was damals mit dem Schloss geschah, verdunkelte sich sein Gesicht und er zog sich sofort zurück.” Seine Photos blieben da, doch der Umschlag mit der Adresse des Deutschen ist auf mysteriöse Weise verschwunden. Die Rätsel gehen weiter, obwohl im Dorf nur noch die Alten vom bösen Zauber des Schlosses wissen. 2001 soll ein Maler, der an einem Künstlertreffen im Zentrum teilgenommen hatte, gestorben sein, nachdem er das Schloss gemalt hatte, woraufhin alle seine Bilder schwarz geworden waren… Dasselbe bei Photos: Unmöglich Photos der Örtlichkeit zu machen, die nicht unscharf werden. Die Versuchung ist groß, den Wahrheitsgehalt der Geschichte zu überprüfen, obwohl ich in meinem kleinen Köpfchen eine Weile zögere, ob ich diese Geschichte im Veloblog erzählen soll… wenig begeistert von der Idee, für immer zu verschwinden, gebannt von einem bösen Zauber! Es fällt uns schwer, Abschied vom Campingplatz zu nehmen, wo uns die Damen der Kantine mit Bigos und Salzgurkensuppe verwöhnen: Man gewöhnt sich doch schnell an gute Küche! Aber gut, einige Kilometer zu Fuss werden uns gut tun und außerdem wollen wir ja die Region entdecken. Nach ein paar Runden durchs Dorf fragen wir eine 70jährige Dame aus Police nach dem Weg, die mit dem Fahrrad gekommen ist, um in der Gegend Pilze zu sammeln. Halb auf Deutsch, halb auf Polnisch und ohne Brille, um die Karte zu lesen, lässt uns die Dame umkehren: Der Fußweg durch den Wald sei anderswo. Ein Autofahrer hält und bietet an, uns mitzunehmen, uns und unsere großen Rucksäcke. Aber nein, diesmal haben wir uns entschieden: Wir werden laufen! Es sind Dorfbewohner, die uns schließlich auf den richtigen Weg bringen, nicht ohne uns mit belustigter Miene anzusehen und mehrmals zu wiederholen, das nächste Dorf sei recht weit. Was soll’s: Wir sind motiviert und müssen außerdem einen Franzosen finden, der mit dem Fahrrad zu uns stossen wollte… Unternehmen geglückt: Wir finden uns dank einer gewissen Anziehungskraft zur Freude aller und genießen eine leckere alte polnische Wurst im Schatten des Waldes. Brzózki, das nächste Dorf, wo wir die Nacht verbringen wollen, ist nur noch zwei Kilometer entfernt. |