Archiv für den 11. August 2007Geschmäcker und Farben am Ufer der Oder Es braucht schon die Kühnheit von Charlotte, um Berliner zu überzeugen, Anfang August für eine Weile nach Frankfurt/Oder zu kommen. Was bleibt der Stadt, wenn die Europa-Uni Viadrina (dieser Leuchtturm, der die Brandenburger Eintönigkeit erhellt) ohne Studenten dasteht ? Mehr als man denkt. Uns das zu verdeutlichen, war das Ziel der Organisatoren der Stadtrallye, oder eher der Städterallye, denn das ehemalige Viertel Frankfurts, das sich auf der Ostseite des Flusses befindet, wurde zu Słubice, einer polnischen Stadt, die nach 1945 mit Steinen aus Warschau wieder aufgebaut wurde und in der sich Bewohner von Lwow/Lemberg ansiedelten. Inmitten einer deutsch-französisch-polnischen Gruppe konnten wir das heutige Słubfurt mit Archivfotos vergleichen, nach der Art „vorher/nachher“ – wie in einer Werbung für Geschichte. Ein Frankfurter, der sich für das Veloblog begeistert, erzählt uns vom Kino Piast, das tagsüber ein Obst- und Gemüseladen war, von den Straßen Słubices, die den Eindruck vermitteln, Tabak und Friseure wären die Brüste Polens, von der Solarfabrik, die Frankfurt eine Zukunft verspricht… Die für den Abend organisierten Lesungen füllen unsere Geschichtenkammer – Anlass zum Träumen und ein bisschen nachzudenken während der Sommerabende in Berlin, an denen definitiv nicht viel los ist. Ich bin immer noch ganz aufgewühlt, während ich gerade diese Zeilen schreibe. Sie alle waren da um an der Rallye in der Doppel-Stadt teilzunehmen, die kenntnisreich von Maciej und Ela vom Institut für angewandte Gechichte organisiert wurde, anschließend den Stimmen von Frau Schneider, Andreas Peter und Tina Veihelmann zu lauschen, die uns ihre kleinen Geschichten aus der Grenzregion erzählten, und zu guter Letzt, um zu den mitreißenden Rhythmen der Gruppe FeinerArt zu tanzen. Ein wirklich reichhaltiges Programm mit Pausen, um einen Happen zu essen und sich kennen zu lernen und Telefonnummern und Mailadressen auszutauschen, für den Fall, dass man gemeinsame Interessen hat. Ein wahrer Begegnungstag… genau wie ich ihn mir ausgemalt hatte! Für mich persönlich bedeuten diese Begegnungstage vor allem eine Jongliernummer mit mindestens vier Bällen: aufs Wohlergehen eines jeden zu achten, auf den gelungenen Ablauf des Programms, die mediale Berichterstattung über das Ereignis sicherzustellen und darauf zu achten, dass alle gut ans Ziel kommen. Wobei ich dann meinen Ausweis vergessen habe, und das ausgerechnet während der halben Stunde, die ich mir reserviert hatte, um einer der Rallye-Gruppen in der Stadt zu folgen! Selbst nach fast einem Monat des Bummelns von hier nach dort über die Grenze… da kann man nichts machen! Berührend zu sehen, dass jeder andere nette oder interessante Menschen getroffen hat, und entzückt von den ersten Rückmeldungen, daß auch die Frankfurter selbst mir sagen, sie hätten noch etwas dazugelernt. Und nun, zur Essenszeit, bereite ich mich auf meinen Aufbruch vor… auf der Suche nach einem Boot, um die Oder ein Stück weiter runterzufahren oder aber, wenn die sonntägliche Pause dies nicht zuläßt, um auf die polnische Seite zu wechseln und Euch meine nächsten Abenteuer zu erzählen, ordentlich gestärkt durch den Enthusiasmus, der dem Veloblog entgegengebracht wird! |