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Archiv für den 17. Juli 2007

Jul
17
Einsortiert unter (Ostritz, Posada, Radweg, Kloster Sankt Marienthal, Grenzübergang, Allgemein) von traduction.allemand am 17.07.2007

Jetzt kennt ihr meine Stimmungsschwankungen. Vielleicht eine etwas lebendigere Art, Euch die beiden möglichen Routen zwischen Zittau und Ostritz, einer kleinen Stadt etwas weiter nördlich an der Grenze, vorzustellen. Mit einer Anekdote im Vorbeifahren…

Auf deutscher Seite gibt es einen Radweg entlang der Neiße, wo man im Schatten und im Flachen mitten durch den Wald fahren kann. Toll!

Auf polnischer Seite gibt es keinen Radweg, aber eine gut ausgebaute, wenig befahrene Straße. Das erlaubt es einem, das wirtschaftliche Herz der Region kennen zu lernen, allerdings muss man einige kleine Steigungen in Kauf nehmen. Aber wer hochfährt, fährt auch wieder runter. Und der Ort Posada, nicht weit von der Neiße, ist so malerisch, dass sich der Umweg lohnt.

Und falls es unmöglich sein sollte, vom besagten Dorf aus die Neiße zu überqueren, um das Kloster Sankt Marienthal zu erreichen, dann gibt es immer noch einen kleinen Waldweg, der einen zum nächsten Grenzübergang in Ostritz führt. Das haben mir einige Polen aus ihrem Vorgarten heraus versichert. “Die Grenze? Geradeaus und dann links.”

Mir kommen leichte Zweifel, als ich den Weg zum Pfad werden und die Mücken heranschwärmen sehe, und ein kurzes Gedenken an meine Polnischlehrerin in der Hoffnung, alles richtig verstanden zu haben. Denn es wird langsam dunkel… und ist da nicht am Wegesrand… oh Graus, eine kleine Blindschleiche wird von Fliegen verzehrt! Ich stoße kleine Schreie aus: die Panik steigt, die Phobie ist nicht weit! Ich glaube, ich bin noch nie so schnell gefahren, im Wald und mit halbgeschlossenen Augen.

Ein kleiner Durchdreher, der mir allerdings gestattet hat, den Grenzübergang für Fußgänger und Fahrradfahrer in Ostritz um zwei Minuten vor acht zu erreichen, und um acht schließt er…



Jul
17
Einsortiert unter (Elektrizitätswerk, Hirschfelde, Tagebau, Bogatynia, Regionalarchitektur, Turów, Allgemein) von traduction.allemand am 17.07.2007

Ein wenig aus der Fassung gebracht von dem “Loch”, wandern meine Gedanken. Ach, was wäre es praktisch, einen Grenzübergang zu haben, um “nach drüben” zu kommen, nach Hirschfelde, um etwas über das ehemalige E-Werk zu erfahren. Eine Brücke ist zwar tatsächlich in Planung, lässt aber noch auf sich warten.

Gedankenverloren habe ich mich doch jetzt auch noch auf der Straße verfahren! Viel zu weit östlich der Grenze komme ich auf einmal nach Bogatynia. Bis ich merke, dass ich keinen Pfennig mehr habe, um meine Flasche aufzufüllen. Keinen einzigen Zloty. Was für eine Gedankenlosigkeit! Glücklicherweise ist der nächste Geldautomat nicht weit und ich kann mein erstes polnisches Geld abheben, dank meiner EC-Karte und ohne Gebühren, Europa verpflichtet eben.

Mit aufgefülltem Vorrat nutze ich dann noch die Gelegenheit, die Stadt zu besichtigen und mir die vielen Häuschen im regionaltypischen Stil anzusehen (”Umgebindehäuser”)… und weitere Infos zu erfragen über die Schlote bei Turów (2, 3).

Die Antwort gibt der Hausmeister der Bioraffinerie von Bogatynia:
polonaismp3



Jul
17
Einsortiert unter (Elektrizitätswerk, Tagebau, Bogatynia, Turów, Allgemein) von traduction.allemand am 17.07.2007

Es ist der große graue Fleck auf der Landkarte, der mich dazu gebracht hat, die Grenze zu überqueren. Ich wollte sie sehen, den Kohle-Tagebau von Turow, selbst unter dieser brennenden Frühnachmittagssonne.

Sie haben nämlich eine ganz schön lange Geschichte, diese Minen: mehr als 200 Jahre! Der Abbau, in dem heute mehr als tausend Menschen beschäftigt sind, befindet sich auf polnischer Seite in Turoszow, ehemals Türchau in Deutschland. 1945 bedingte die Einrichtung der “Friedensgrenze” einen Wechsel der Leitung. Die Minen wurden polnisch. Mehr als 300 deutsche Arbeiter sollen entlassen und durch Polen ersetzt worden sein. Vor dem Bau des Elektrizitätswerks Turow, nördlich von Bogatynia (Polen), wurde der Strom auf deutscher Seite in Hirschfelde erzeugt und dann nach Polen weitergeleitet. Reichlich Anlass für Ressentiments!

Nichtsdestotrotz bleibt dieser Ort unbeschreiblich. Ein riesiges Loch von mehr als 2600 Hektar. Stellt euch das nur mal vor! Es ist ganz einfach unmenschlich, wie eine Wüste, aber keine natürliche. Trotz der brennenden Sonne habe ich noch immer Gänsehaut davon und lasse Euch den Rest in Bildern (2,
3, 4, 5, 6)
entdecken. Die Hartgesottensten können selber hinfahren und nach einer Führung fragen. Die Umweltbibliothek von Großhennersdorf macht es möglich…



Jul
17
Einsortiert unter (Basar, Grenzübergang, sieniawka, Zittau, Allgemein) von traduction.allemand am 17.07.2007

Jetzt ist es soweit, ich stehe vor meinem ersten Grenzübergang! Ich durchwühle meine ganze Tasche, um meinen Pass zu finden, der dann nicht einmal einen Stempel bekommt… Kurzum: Das Abenteuer geht weiter, diesmal auf der polnischen Seite in Sieniawka. Vor dem Basar, der sich vor meinen Augen ausbreitet, entscheide ich, die Klischees zu überprüfen.
Begegnung mit einem deutschen Verbraucher, vor Ort getroffen:
allemandmp3

Begegnung mit einer polnischen nicht Zigaretten, sondern Obst- und Gemüsehändlerin:
polonaismp3



Jul
17
Einsortiert unter (Oberlausitz, Stiftung Umgebindehaus, Regionalarchitektur, Allgemein) von traduction.allemand am 17.07.2007

Ich hatte sie schon bemerkt, diese hübschen Häuschen, die häufig im alten Zentrum der Dörfer dieser Gegend stehen. Aus Holz und Lehm, umweltfreundlicher geht es nicht! Sehr hübsch, aber häufig auch leerstehend und/oder renovierungsbedürftig.

Rebecca hatte sie mir vorgestellt als die Häuser der Weber der Region, denn ihre Bauweise war an die Erschütterungen des Webstuhls angepasst. Aber was zuerst da war, die Häuser oder die Webstühle, das weiß keiner.

Marek, aus der Zittauer WG, hat sich buchstäblich in diese Häuschen verliebt, die “Umgebindehäuser” heißen. Er unterstützt Die Stiftung Umgebindehaus, die auf die Erhaltung dieses Kulturerbes achtet. Zur Zeit gibt es etwa 20 000 dieser Häuser nicht nur in der deutschen Oberlausitz (der Teil Sachsens zwischen Weißwasser, Bischofswerda, Zittau und Görlitz), sondern auch in Polen (südlich der Neiße) und im Norden der Tschechischen Republik.

Das Problem, so erklärt mir Marek, während er mich auf dem Fahrrad bis zum nächsten Grenzübergang begleitet, ist, dass nur wenige Menschen in die Region ziehen, um hier zu arbeiten, und dass diejenigen, die hier bleiben, meist keinen Arbeitsvertrag haben, der ihnen erlauben würde, ein solches Haus zu kaufen. Und das tut ihm im Herzen weh. Die Häuser sind dabei zu verfallen, langsam aber sicher. Zwischen Löbau und Zittau zum Beispiel wurden 5000 Häuser gelistet, 4750 sind als historisches Denkmal klassifiziert, aber 375 stehen leer. Ein Stück Geschichte, dass zu verschwinden droht… Daher auch die Initiative einer “Hausbörse”, die die Stiftung Umgebindehaus ins Leben gerufen hat. Derzeit stehen etwa 100 hübsche Häuschen zum Verkauf: Also macht Marek doch eine Freude!



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