Archiv für die ‘Großhennersdorf’ Kategorie

Kleine organisatorische Pause: schließt Euch für eine Weile dem Veloblog an, in der Doppelstadt Görlitz-Zgorzelec, dort erwartet Euch ein furioses Programm (mit einem kleinen Klick oben links auf “Detailliertes Programm” erfahrt Ihr mehr). Alles ist kostenlos, aber kleine, liebevoll zubereitete Speisebeiträge sind sehr willkommen… für das Selbstversorgerbuffet des Abends!

Bemerkenswert: Elkin und Barbara, die ich in Großhennersdorf getroffen habe (siehe den Artikel über das Begegnungszentrum), kommen auch und werden eine Pantomimevorführung zum Thema “Grenze” darbieten…

Mehrere der Menschen, die ich auf der Reise getroffen habe, von den Schweizern aus Zittau bis zum Dönermann aus Ostritz, werden auch da sein… Also warum nicht auch Ihr?

Treffpunkt im Forum der Website für Fahrgemeinschaften und geteilte Bahntickets.

Gute Fahrt und bis bald: Ich muss mich jetzt auch auf den Weg machen.



Jul
15
Einsortiert unter (Großhennersdorf, Allgemein) von traduction.allemand am 15.07.2007

Großhennersdorf hat mich wirklich gezeichnet. Vielleicht weil Rebecca mir zu Treffen mit Menschen verholfen hat, von denen einer engagierter als der andere in seinem Projekt ist. Sie sollte ein Dorfinformationsbüro aufmachen: Sie überzeugt geradezu die Leute, sich in der Gemeinde niederzulassen. Neuestes Beispiel: Andreas, Rebeccas neuer Nachbar, der das Wochenende mit uns verbracht und sich tatsächlich entschlossen hat, den benachbarten ehemaligen Kindergarten auszubauen. Er teilt sich den Pachtvertrag unter anderem mit Sven.

Sven ist 29, kommt aus Stuttgart, hat in Berlin studiert und sich dann in Großhennersdorf verliebt, als er bei einem Reiseumweg auf der Suche nach alternativen Kulturprojekten hier vorbei kam. Das hat er mir am Sonntag Abend erzählt, nachdem er mich seinen Internetanschluss hat nutzen lassen und eine Flasche Wein aus seiner Region geöffnet hat, um das Wochenende ausklingen zu lassen. Leider kann Sven seinen Beruf als Bühnenbildner in Großhennersdorf derzeit nicht ausüben, obwohl er alles versucht und Antrag über Antrag ausgefüllt hat, um einen Teil des Bauernhofes renovieren zu lassen, der zum Dorfplatz gehört, und daraus ein Kulturzentrum mit Theaterbühne zu machen. Alles ist schon da, selbst das Schild “mit Unterstützung der Europäischen Union” an der Fassade. Trotzdem wird die Umsetzung einfach nicht konkretisiert… Sven konnte nicht länger ohne Arbeit leben und musste deswegen, wie so viele junge Leute, die Region verlassen, auf die er ein Auge geworfen hatte. Richtung Osnabrück. Die Kartons sind schon gepackt, aber sein Zuhause bleibt vorerst Großhennersdorf. Wer weiß, vielleicht hört man ja in Brüssel von seinem Traum?



Endlich ist es soweit, ich kann Euch die ersten Berichte liefern, und das Ganze ohne eine einzige Pedalumdrehung!

Nach der Ankunft am Bahnhof von Zittau folgte ich genau den Anweisungen meiner Gastgeberin Rebecca und hievte mein Fahrrad in den Bus, um so ganz bequem Großhennersdorf zu erreichen, ein Dorf mit etwas mehr als 1600 Einwohnern, das ca. 12 km von Zittau entfernt Richtung Löbau liegt.

Rebecca erzählt wunderbar von ihrem Dorf, sie lebt seit 1995 in der Gegend, nachdem sie als junge Amerikanerin eine Zeitlang davon träumte, als protestantische Missionarin nach Russland zu gehen. Ich für meinen Teil werde Euch die Geschichte des Behindertenzentrums erzählen. Alles begann im 18. Jahrhundert, mit der adligen Familie derer von Gersdorf, die hier ein bescheidenes Schloss besaß. Mit einer für die Zeit ziemlich revolutionären Idee beschloss eine große Dame, eine Schule zu errichten, die nicht nur für alle Kinder der Gemeinde offen, sondern deren Besuch auch für alle Pflicht sein sollte: der “Katharinenhof“, der im Laufe der Zeit das Behindertenzentrum des Dorfes wurde.

Und seine Geschichte erzählt das Zentrum auch selbst: Da gibt es die Stele, die an die Verschleppung von mehr als 150 behinderten Kindern durch die Nazis erinnert; aber es gibt dort auch die Umweltbibliothek und die Alte Bäckerei. Denn zu DDR-Zeiten, so erklärt mir Rebecca, ermöglichte es die Fürsorge für Menschen mit Behinderungen, nicht allzu sehr mit dem politischen Regime in Berührung zu kommen, am Rande der Gesellschaft zu leben - mit dem Resultat, dass mehrfach Menschen, die mit dem Regime nicht einverstanden waren, nach Großhennersdorf kamen, um dort im Behindertenzentrum zu arbeiten. Dies bot die Möglichkeit, sich zu treffen und alternative Projekte zu entwickeln, die noch heute bestehen… Und das Behindertenzentrum bleibt der Hauptarbeitgeber des Dorfes, während die LPGs (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) made in DDR schon lange aufgegeben wurden.

Das ist für einen ersten Artikel vielleicht kein sehr fröhliches Thema, aber dennoch: ein gutes Beispiel für die Integration von Menschen mit Behinderung.

Morgen nimmt Rebecca mich mit zu ihrem Nachbarn, dem Mann von der Umweltbibliothek, da werden wir über dieses Dreieck (oder ist es ein Punkt?) sprechen, wo sich die deutsch-polnische und die polnisch-tschechische Grenze berühren. Aber vorher werde ich mich dem wunderbar weichen Bett überlassen: Man kann ja nie wissen!



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