Archiv für die ‘Regionalarchitektur’ Kategorie
Ein wenig aus der Fassung gebracht von dem “Loch”, wandern meine Gedanken. Ach, was wäre es praktisch, einen Grenzübergang zu haben, um “nach drüben” zu kommen, nach Hirschfelde, um etwas über das ehemalige E-Werk zu erfahren. Eine Brücke ist zwar tatsächlich in Planung, lässt aber noch auf sich warten. Gedankenverloren habe ich mich doch jetzt auch noch auf der Straße verfahren! Viel zu weit östlich der Grenze komme ich auf einmal nach Bogatynia. Bis ich merke, dass ich keinen Pfennig mehr habe, um meine Flasche aufzufüllen. Keinen einzigen Zloty. Was für eine Gedankenlosigkeit! Glücklicherweise ist der nächste Geldautomat nicht weit und ich kann mein erstes polnisches Geld abheben, dank meiner EC-Karte und ohne Gebühren, Europa verpflichtet eben. Mit aufgefülltem Vorrat nutze ich dann noch die Gelegenheit, die Stadt zu besichtigen und mir die vielen Häuschen im regionaltypischen Stil anzusehen (”Umgebindehäuser”)… und weitere Infos zu erfragen über die Schlote bei Turów (2, 3). Die Antwort gibt der Hausmeister der Bioraffinerie von Bogatynia:
Ich hatte sie schon bemerkt, diese hübschen Häuschen, die häufig im alten Zentrum der Dörfer dieser Gegend stehen. Aus Holz und Lehm, umweltfreundlicher geht es nicht! Sehr hübsch, aber häufig auch leerstehend und/oder renovierungsbedürftig. Rebecca hatte sie mir vorgestellt als die Häuser der Weber der Region, denn ihre Bauweise war an die Erschütterungen des Webstuhls angepasst. Aber was zuerst da war, die Häuser oder die Webstühle, das weiß keiner. Marek, aus der Zittauer WG, hat sich buchstäblich in diese Häuschen verliebt, die “Umgebindehäuser” heißen. Er unterstützt Die Stiftung Umgebindehaus, die auf die Erhaltung dieses Kulturerbes achtet. Zur Zeit gibt es etwa 20 000 dieser Häuser nicht nur in der deutschen Oberlausitz (der Teil Sachsens zwischen Weißwasser, Bischofswerda, Zittau und Görlitz), sondern auch in Polen (südlich der Neiße) und im Norden der Tschechischen Republik. Das Problem, so erklärt mir Marek, während er mich auf dem Fahrrad bis zum nächsten Grenzübergang begleitet, ist, dass nur wenige Menschen in die Region ziehen, um hier zu arbeiten, und dass diejenigen, die hier bleiben, meist keinen Arbeitsvertrag haben, der ihnen erlauben würde, ein solches Haus zu kaufen. Und das tut ihm im Herzen weh. Die Häuser sind dabei zu verfallen, langsam aber sicher. Zwischen Löbau und Zittau zum Beispiel wurden 5000 Häuser gelistet, 4750 sind als historisches Denkmal klassifiziert, aber 375 stehen leer. Ein Stück Geschichte, dass zu verschwinden droht… Daher auch die Initiative einer “Hausbörse”, die die Stiftung Umgebindehaus ins Leben gerufen hat. Derzeit stehen etwa 100 hübsche Häuschen zum Verkauf: Also macht Marek doch eine Freude! |